AUSTRIAN FINANCIAL COMMUNICATIONS AWARD 2016: Der neue Maßstab für den österreichischen Kapitalmarkt

Ein Interview mit Prof. Dr. Henning Zülch

Herr Zülch, wie kamen Sie auf die Idee, einen eigenen Preis für die österreichische Finanzkommunikation ins Leben zu rufen?

ZÜLCH: Im Rahmen unserer Forschung haben wir in den letzten Jahren festgestellt, dass die Finanzkommunikation zunehmend relevanter wird bei der Befriedigung der Informationsbedürfnisse von Investoren. Die Zeiten der Detaildiskussionen zu IFRS sind vorbei. Die Investoren aber auch Unternehmen sind vielmehr daran interessiert, wie der Markt auf Unternehmensinformationen reagiert. Der Begriff der „Relevanz“ von Finanzinformationen dominiert die Diskussion.

Was sind das für Informationen, die der Markt wirklich haben will bzw. braucht?

Dieser Frage nachgehend begannen wir in Deutschland zusammen mit dem manager magazin in 2014 einen Wettbewerb zu etablieren, der genau hier ansetzt. Weg von der alleinigen Analyse des Geschäftsberichts hin zur Analyse einer ganzheitlicheren Finanzkommunikation.

Wieso jetzt Österreich? Zum einen bin ich seit nahezu zehn Jahren in Österreich als Gastprofessor an der Universität Wien tätig und habe eine natürliche Nähe zur Rechnungslegung und Finanzkommunikation in Österreich. Zum anderen habe ich durch zahlreiche Gespräche mit Praktikern in Österreich den Eindruck gewonnen, dass ein vergleichbarer Wettbewerb wie in Deutschland auch in Österreich auf gesteigertes Interesse stößt, so dass die Kirchhoff Consult AG und ich uns dazu entschlossen haben, den Wettbewerb nun in Österreich zu starten.

 

Was steckt hinter dem Preis? Wie funktioniert das Procedere zur Bewertung der einzelnen Unternehmen?

ZÜLCH: Hinter dem Austrian Financial Communications Award steht das sog. RIC-Modell. Die Buchstaben R, I und C stehen jeweils für die Analysebereiche ‚Reporting‘, ‚Investor Relations‘ und ‚Capital Markets‘. Der Reporting-Bereich analysiert die Kommunikation mittels Geschäfts- und Halbjahresbericht, also die klassische Berichterstattung, und der IR-Bereich geht auf die Investorenpräsentationen und die IR-Webseite ein. Der Bereich ‚Capital Markets‘ analysiert die Kapitalmarktperformance. So haben wir auf der einen Seite die Unternehmensperspektive mit den Bereichen Reporting und Investor Relations abgedeckt und auf der anderen Seite die Kapitalmarktperspektive, also die Spiegelung der Informationen am Markt. Diese Aufteilung, das ist noch zu erwähnen, geht zurück auf das Studium unzähliger wissenschaftlicher Ausarbeitungen zur Relevanz von Informationen und Informationskanälen und hat letztlich zu diesem Modell geführt.

 

Welche Wirkung kann der Wettbewerb für den österreichischen Kapitalmarkt entfalten?

ZÜLCH: Der Wettbewerb zielt darauf ab, die Effektivität der gesamten Kapitalmarktkommunikation zu steigern. In Deutschland mussten wir feststellen, dass viele Unternehmen – auch etablierte Unternehmen – inkonsistent berichten. D.h., die Berichterstattung im Bereich Reporting war z.T. nicht konsistent zum Bereich Investor Relations. Kennzahlen wurden ohne Überleitung aus dem Reporting im IR-Bereich unter anderer Definition geführt. Das Ergebnis waren eine Verwirrung der Investoren und Unglaubwürdigkeit. Vertrauen wurde zerstört. Darüber hinaus machen sich die Unternehmen nunmehr gezielt darüber Gedanken, was relevante Abschlussinformationen für Investoren eigentlich sind. Nicht die Unternehmensdefinition ist wichtig, sondern die Definition von Relevanz auf Seiten der Investoren zählt. Ein schlechtes Beispiel ist hier SIEMENS. Alles in allem wird Vertrauen geschaffen und zugleich die Bedeutung des Bereichs ‚Investor Relations‘ als strategischer Partner des Managements gefördert. Wir sehen, dass dieser Bereich nicht nur ein Sprachrohr des Unternehmens ist, sondern auch strategische Entscheidungen mitvorbereiten kann und soll.

 

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